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Ab in den Sandkasten! Mit dem Jimny und Dachzelt in die Sahara

Jahreswechsel in Tunesien! Die Nennung dieses Reiseziels hat bei dem einen oder anderen Bekannten für hochgezogene Augenbrauen gesorgt. Nein, wir haben keinen Badeurlaub auf Djerba geplant! Wir setzen mit der Fähre nach Tunis über und fahren mit dem Jimny und Dachzelt in die Sahara!
Dass Tunesien ein so vielseitiges Land ist, war mir ehrlich gesagt nicht bewusst. Lange Sandstrände, grüne Wälder und Wiesen, karge Steppe und natürlich Sand, Sand, Sand!

Die Anreise

Die Fährüberfahrt von Genua nach Tunis dauert laut Fährgesellschaft GNV etwas mehr als 25 Stunden. Aufgrund der guten Witterung kommen wir fast zwei Stunden früher in Tunis an. Da es dennoch bereits Abend ist und man auch nie weiß, wie lange die Einfuhrprozedur am Zoll dauert, hatten wir uns im Voraus einen Campingplatz in der Nähe von Hammamet als erstes Ziel ausgesucht. Das war die richtige Entscheidung, länger als diese anderthalb Stunden hätte ich am ersten Abend nicht im Dunkeln fahren wollen.

Für alle, die es interessiert, hier ein paar organisatorische Stichworte zu den Einreiseformalitäten:

Am Hafen in Genua:

  • 6 Stunden vor geplanter Abfahrt öffnet der Check-In.
  • Erste Prüfung und Stempeln des Fährtickets bei der Einfahrt in den Hafen
  • An dieser Stelle kann auch eine genauere Überprüfung durch den Zoll erfolgen. Bei uns werden lediglich die leeren Benzinkanister überprüft. Volle Kanister darf man nicht mitnehmen.
  • Wir werden direkt an den richtigen Pier gelotst, wo wir die nächsten Stunden in der Warteschlange parken. Wenn man in der Gruppe unterwegs ist: Vorher treffen und gemeinsam reinfahren, dann steht man zusammen.
  • Ein paar Hundert Meter weiter vorne befindet sich das Hafengebäude, in dem der Check-In erledigt werden muss.
  • Wichtig für den Check-In: Pässe, Ticket, Fahrzeugschein und ein paar Euro Bargeld. Damit erhält man die Tickets für Personen (mit Kabinennummer) und das Auto. Zusätzlich erhält man ein Immigration-Formular, das man ausfüllen muss.
  • Mit dem Immigration-Formular geht’s gleich weiter zur Grenzpolizei. Pass und Formular werden geprüft, Formular gestempelt.
  • Das war’s dann auch schon auf der italienischen Seite. Im Hafengebäude ist ein kleiner Supermarkt / Imbiss, wo man sich noch mit Essen und Getränken eindecken kann. Sanitäranlagen gibt’s hier übrigens auch.

Auf dem Schiff:

  • Immigration und Fahrzeugeinfuhr wurden am Vormittag im vorderen Barbereich auf der Fähre angeboten. Wichtig: Den Durchsagen zuhören, sonst verpasst man die Info!
  • Schritt eins: Autoeinfuhrzettel holen und ausfüllen
  • Schritt zwei: Immigration. Stempel in den Reisepass machen lassen. Formular vom Check-In bereithalten! Wir wurden lediglich nach dem Reiseziel gefragt, andere mussten ihre geplante Route erklären oder eine Hotelbestätigung vorweisen. Wir hatten eine Bestätigung vom ersten Campingplatz dabei, mussten sie aber nicht zeigen.
  • Schritt drei: Einfuhr des Autos. Hier war die längste Schlange und wir standen eine knappe Stunde. Mit dem handschriftlichen Formular und dem Fahrzeugschein wird ein offizielles Papier am Computer generiert und gedruckt. Es handelt sich um die Erlaubnis, vorübergehend ein Fahrzeug ins Land einzuführen. Außerdem gibt es hier einen Stempel für das Auto in den Reisepass des Halters.

In Tunis:

  • Zoll: Am Zoll werden die Autoeinfuhrunterlagen geprüft und ein paar der Durchschläge einbehalten. Ob es weitere Prüfungen gibt oder nicht, ist Glücksache.

Die ersten Tage und die Fahrt Richtung Süden


Nach dem ersten Tag nahe Hammamet geht es für uns direkt Richtung Süden. Ziel: Douz. Unterwegs legen wir in Sousse einen Zwischenstopp ein. Hier gibt es eine große Mall, in der man nicht nur einkaufen kann, sondern auch tunesische SIM-Karten und Bargeld bekommt. Bargeld ist in Tunesien wichtig. Zum einen wurde in einigen Supermärkten und an ein paar Tankstellen unsere Kreditkarte nicht immer akzeptiert. Zum anderen: In kleinen Cafés in der Wüste oder auf Märkten kommt man mit Kreditkarte nicht weit. Hier gilt: Nur Bares ist Wahres.

Sahara Festival in Douz

Bevor wir uns in die Weite der Sahara aufmachen, wollten wir uns das Sahara Festival in Douz nicht entgehen lassen. Bei dem mehrtägigen Festival werden Kultur und Traditionen gefeiert, es gibt Vorführungen mit Pferden und Dromedaren. Auf jeden Fall sehenswert und eine einmalige Erfahrung für uns.

Querfeldein durch Sand und Dünen

Vollgetankt und mit Wasser und Vorräten ausgestattet geht es am nächsten Morgen endlich los. Bier und Wein kaufen wir bei einem Schwarzhändler, da es in Douz keinen Supermarkt gibt, der eine Lizenz für den Alkoholverkauf hat. Spannende Erfahrung! So wird einkaufen zum Nervenkitzel!


Unsere gebuchten Guides holen uns auf dem Campingplatz ab und wir machen uns über eine Schotterpiste auf den Weg in die Wüste. An einem kleinen Café machen wir Pause, trinken Tee, essen ein Brik mit Ei und Thunfisch und lassen etwas Luft aus den Reifen ab. Hinter der nächsten Kurve lassen wir die Pisten hinter uns und finden uns zwischen Dünen wieder.

Luftablassen am Café


Das Fahren auf Sand ist ein ganz neues Fahrgefühl. Nicht vergleichbar mit Schotter, Schlamm oder Schnee. Zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig. Besonders, dass sich der Untergrund über den Tag stark verändert, ist eine spannende Erfahrung. Morgens ist der Sand kompakt und durch die nächtliche Feuchtigkeit noch fest und gut befahrbar.

In den Mittagsstunden trocknet der Sand immer weiter aus, wird pudrig und weich. Stellenweise haben wir das Gefühl, auf Schmierseife zu fahren. Herausfordernd, aber der Jimny hat sich als ideales Wüstenfahrzeug bewiesen. Das geringe Gewicht und der kurze Radstand haben uns wohlbehalten über alle Dünen gebracht. Vorsichtiges und vorausschauendes Fahren sind natürlich trotzdem unerlässlich!

erstes Camp in den Dünen

Außerdem sollte man nie allein in die Wüste fahren. Wir waren die ganze Zeit in einer Gruppe mit sechs unterschiedlichsten Fahrzeugen unterwegs, was meiner Meinung nach ideal war. Immer wieder kamen Schaufeln, Winden und Sandbleche zum Einsatz, hier war dann Teamwork gefragt, um mit allen Fahrzeugen die schwierigen Stellen zu überwinden.

Blick aus dem Dachzelt

Unfassbare Weiten

Sonnenuntergang in der Sahara

Der verlorene See

Nach mehreren atemberaubend tiefen und extrem steilen Dünenabfahrten sowie etlichen Tiefsandpassagen, die nur mit Schwung und Untersetzung durchquerbar sind, erreichen wir am dritten Tag in der Wüste unser erstes Ziel.

Hinter einer weiteren Düne reißt die Landschaft auf und präsentiert ein weitläufiges Tal mit einer grünen Oase: Wir haben den verlorenen See erreicht! Eine heiße Quelle inmitten der Wüste, das Ziel der meisten Reisenden, die sich mit ihren 4×4-Fahrzeugen in die tunesische Sahara wagen. Ein erfolgloser Versuch, nach Öl zu bohren, hat diese Quelle vor Jahren (oder eher Jahrzehnten?) angezapft, seitdem sprudelt hier heißes Wasser aus einem Rohr und speist den angrenzenden See. Im entstandenen Pool rund um die Wasserquelle lässt es sich wunderbar baden, im Café nebenan bekommen wir Cola, Tee und Brik serviert. Unser Camp schlagen wir ein paar Hundert Meter weiter in den Dünen auf.

Camp am verlorenen See

Unsere Guides versorgen uns an diesem Abend mit leckerem Couscous. Zum Frühstück backen sie uns jeden Morgen Sandbrot, im Sand gebackenes Fladenbrot. Sehr lecker – und knirscht zwischen den Zähnen.

Berg Tembaine

Auf dem Weg zurück Richtung Norden sind der Berg Tembaine und das nahegelegene Camp Mars unsere nächsten Ziele. Auf das Camp Mars war ich über beeindruckende Fotos und Social-Media-Beiträge aufmerksam geworden. Die Realität ist weniger spektakulär. Ein Café und etliche Zelte, viel mehr ist nicht zu sehen. Vermutlich ist es anders, wenn tatsächlich Veranstaltungen und Festivals stattfinden.
Der Berg Tembaine ist ein Tafelberg, der schon aus zig Kilometern Entfernung zu sehen ist. Wer möchte, kann hochklettern. Unten am Fuß des Berges gibt es auch ein kleines Café, wo wir einmal mehr Tee und Brik genießen konnten.

Sonnenaufgang in der Wüste

Sandrosenfelder und die wilde Seite der Wüste

Nach einem Zwischenstopp auf unserem Campingplatz in Douz geht es anschließend noch mal für zwei Tage in den Sand. Wir wollen uns anschauen, wo die auf jedem tunesischen Markt allgegenwärtigen Sandrosen herkommen. Ein Stück südöstlich von Douz findet man große Sandrosenfelder, in denen die filigranen Kunstwerke durch Feuchtigkeit und Verdunstung entstehen. Wunderschön anzusehen!


Abends frischt der Wind bereits etwas auf, was sich in der Nacht fortsetzt. Solarpanel und Stühle unter dem Auto sichern, dann schnell wieder zurück ins schützende Dachzelt und noch ein paar Stunden schlafen!
Am nächsten Morgen geht es ähnlich weiter. Wind, fliegender Sand und noch mehr Wind. Und noch mehr Sand.

Unser Guide wirkt etwas nervös und drängt auf einen schnellen Aufbruch. So kennen wir ihn nicht, was uns alle zur Eile antreibt. Wenn er uns auf schnellstem Weg aus der Wüste rausbringen möchte, wird das einen berechtigten Grund haben. Auf die Erfahrung, in einem ausgewachsenen Sandsturm festzusitzen, können wir alle verzichten.


Mit jedem Kilometer wird deutlich, wie recht er mit seiner Einschätzung hatte. Der Sand fliegt und ist einfach überall. Die Piste verschwindet immer wieder und der aufgewirbelte Sand bildet neue, weiche Dünen, die bei der eingeschränkten Sicht tückisch sind. Immer wieder kommen Winden und Spaten zum Einsatz, besonders in den höheren und schwereren Fahrzeugen ist fahrerisches Können gefragt. Trotz aller Vorsicht kippt eines der Autos in einer Kurve zwischen zwei Dünen auf die Seite. Mit zwei Winden und einmal mehr viel Teamarbeit steht der Landcruiser schnell wieder aufrecht. Glücklicherweise ist nichts kaputtgegangen.


Für die rund 30 Kilometer, die uns von der Zivilisation in Form einer asphaltierten Straße trennen, brauchen wir fast fünf Stunden. Wir entscheiden uns spontan, doch noch eine Nacht auf dem komfortablen Campingplatz in Douz zu verbringen und heute noch nicht weiterzufahren.

Höhlendörfer, Strand und Schluchten

Wir lassen Douz, das Tor zur Wüste, hinter uns und steuern den Ort Matmata an. Das Besondere hier: Zahlreiche Häuser und Wohnungen liegen unter der Erde. Wir besichtigen eines der Höhlenhäuser, trinken zuckersüßen Tee und werden mit frisch gebackenem Fladenbrot versorgt.


Auf dem Weg nach Gabes verändert sich die Landschaft weiter. Es wird grüner, bergiger und wir lassen den Sand endgültig hinter uns. Die geplante Übernachtung am Strand von Gabes müssen wir aufgrund von starkem Wind etwas ins Landesinnere verlagern. Campingplätze gibt es hier nicht, wir schlagen unser Lager neben dem schützenden Erdwall einer Straßenbaustelle außerhalb der Stadt auf. Nicht schön, aber zumindest etwas windgeschützt. In Gabes finden wir auch endlich wieder eine Möglichkeit, den Getränkevorrat aufzufüllen. Alkohol gibt es in Tunesien nicht überall. Die Lizenzen, die benötigt werden, um Alkohol zu verkaufen, sind wohl ziemlich teuer. In einem abgetrennten Bereich eines MG-Supermarktes bekommen wir Bier, Wein und sogar eine Flasche Rum. Die Preise sind verhältnismäßig hoch, aber deutlich niedriger als bei dem Schwarzmarkt, auf dem wir in Douz eingekauft haben.

Unser nächstes Ziel ist eine schmale, felsige Schlucht, die allerdings eher für die größeren Fahrzeuge herausfordernd ist. Der Jimny verliert sich zwischen den Felswänden. Wo die anderen rangieren müssen, hätten wir meistens sogar wenden können.

Von hier aus fahren wir nach Gafsa, wo einer unserer Mitfahrenden Bekannte hat, die er besuchen wollte. Wir anderen richten uns auf einem Campingplatz ein. Hier trennen sich auch die Wege der Gruppe, da wir nicht alle die gleiche Fähre zurück nach Genua gebucht haben. Nach einem letzten gemeinsamen Werkstattbesuch fahren wir quer durchs Land zurück nach Hammamet. Wir verbringen noch zwei Nächte in einem Hotel, besuchen den Markt in Nabeul und essen unfassbar gut zubereiteten Fisch in einem kleinen Strandrestaurant.

Rückfahrt und Stress am Hafen

Die Rückfahrt nach Tunis läuft problemlos. Wir tanken ein letztes Mal günstig voll, dann fahren wir an den Hafen. Hier beginnt der Teil der Reise, den ich wirklich nicht mag. Nach den durchweg positiven Erfahrungen der letzten Wochen werden wir am Hafen wieder wie laufende Geldbeutel behandelt. Bettelnde und klauende Kinder und Jugendliche, richtig aufdringliche Souvenirverkäufer und Schlepper, die sich aufdrängen und den Check-In bei der Fährgesellschaft machen wollen. Man kann die Autos nicht für einen Moment unbeaufsichtigt lassen. Hier ist wieder die Zusammenarbeit als Gruppe gefragt, allein hat man keine Chance, die Augen überall zu haben. Steht man auf der Beifahrerseite des Autos, wird an der Fahrerseite rumhantiert. Kinder auf dem Dach des Hafengebäudes haben alles im Blick und geben den anderen die Infos, wo sie unbeobachtet einbrechen können. Einer Freundin wurde das Handy aus dem Auto geklaut, während sie einen Moment in der Wohnkabine war. Bei anderen wurden das Hubdach oder die Staufächer an der Wohnkabine geöffnet. Von der Polizei ist hier weit und breit nichts zu sehen. An nahezu jedem Kreisverkehr im Land steht eine Polizeipatrouille und kontrolliert Fahrzeuge, hier am Hafen herrscht Anarchie. So etwas verstehe ich einfach nicht. Allein diese letzten Stunden am Hafen können einem die ganzen positiven Erfahrungen des Urlaubs verleiden. Einfach schade

Fazit

Abgesehen vom Hafen Tunis bin ich begeistert von Tunesien. Die Wüste hat es mir einfach angetan – ich möchte zurück in den Sand, die Einsamkeit, die Weite und die Stille! Wir kommen auf jeden Fall wieder!

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